In der Entwicklung des Menschen in den vielen tausenden und abertausenden von Jahren hat die Evolution ein bedeutsames Werkzeug geschaffen, unsere Hände.
Die Hände sind das sicherlich wichtigste Werkzeug des Menschen. Mit unseren Händen gestalten wir die Umwelt und nehmen die Dinge in die Hand. Wir schaffen mit unseren Händen neue Werkzeuge um auf allen Ebenen die technologische Entwicklung voran zu treiben. Die sehr feingliedrige Beschaffenheit der Hände ermöglicht uns filigrane Arbeiten wie die eines Uhrmachers auszuführen. Aber auch im grobmotorischen Bereich sind unsere Hände die besten Werkzeuge und geht es nur darum zum Beispiel Kisten von der einen Ecke in die Andere zu stapeln. Die permanente und in Bruchteilen von Sekunden stattfindende Rückkopplung zwischen Gehirn und Gliedmaßen, insbesondere Hände und Finger, perfektionieren die fantastische und evolutionäre Entwicklung des Menschen. Wir müssen uns dessen immer wieder Bewusst werden. Ein technologischer Fortschritt auf dieser Erde wäre ohne die „Schaffenskraft“ unserer Hände unvorstellbar.
Auf dem Gebiet der „Heilung“ haben unsere Hände noch eine ganz andere Bedeutung. Mit dem Wissen über die Anatomie des Menschen können Ärzte über tasten und fühlen mit den Händen eine Diagnose stellen. Therapeuten und Osteopathen nehmen durch unterschiedliche Handtechniken auf struktureller und energetischer Ebene Einfluss auf unseren Körper und Heiler nutzen ihre Hände um den Energiefluss und die Selbstheilungskräfte im Körper zu aktivieren. Unsere Hände sind nicht nur ein Werkzeug zum Greifen sondern vor allem auch ein hochsensibles und energetisches Wunderwerk. Aus der chinesischen Medizin wissen wir darüber hinaus um die Bedeutung der Leitbahnen in unserem Körper. Die Leitbahnen, auch Meridiane genannt, leiten unsere Lebenskraft Qi und versorgen alle Bereiche gleichermaßen. An den Fingerspitzen beginnen und enden sechs der zwölf Hauptmeridiane eines komplexen Systems aus Leitbahnen. Die drei Hand-Yang-Meridiane der Funktionskreise Dickdarm, Dünndarm und Dreifacher Erwärmer beginnen an den Fingerspitzen. Die drei Hand-Yin-Meridiane der Funktionskreise von Lunge, Herz und Herzbeutel enden an den Fingerspitzen. Auf diesen eben genannten Leitbahnen befinden sich im Bereich der Hände eine ganze Anzahl von Akupunkturpunkten mit den unterschiedlichsten Bedeutungen und Indikationen. Eine besondere Bedeutung bekommt hier sicherlich der „Lao Gong Punkt“ (Herzbeutel 8). Dieser Punkt liegt etwa in der Mitte der Handfläche auf der Herzbeutel-Leitbahn. In manchen Übersetzungen wird dieser Punkt auch „Palast der Arbeit“ genannt. Dr. Achim Eckert beschreibt den Punkt Lao Gong in seinem Buch „Das Tao der Akupressur“ folgendermaßen. – Lao Gong macht Feuer im Körper und Wärme in den Händen. Er wirkt aufladend und regenerierend. Er aktiviert das Kehlkopf-Chakra und verbrennt Negativität. Lao Gong führt uns in das Reich des Feuers, ins Land der Phantasie und ins Reich der Magie. Er regt die Hand-Chakren an und symbolisiert das Formen, Halten, Geben und Empfangen. –
Unsere Hände sind auch im Qi Gong in vielerlei Hinsicht ein wichtiges Werkzeug, ein energetisches noch dazu. So gibt es in der Terminologie des Qi Gong eine ganze Reihe von Begrifflichkeiten oder auch Formulierungen zu bestimmten Bewegungen. So sagen wir zum Bespiel „Das Qi mit den Händen streichen“ oder „Das Qi mit den Händen in den Körper füllen“ und nutzen dazu unsere Vorstellungskraft „Yi“, stellen uns bildlich vor wie wir mit unseren Händen und den Lao Gong Punkten das Qi aus den drei Quellen Erde, Himmel und Umgebung aufnehmen und über den Punkt Bai Hui (Du Mai 20) in den Körper füllen. Wir können Qi vielleicht nicht direkt spüren, aber wir spüren die Wirkung von Qi, ein Kribbeln in den Händen, vielleicht eine Form von energetischer Aufladung in den Händen oder anderen Teilen des Körpers und wir spüren eine angenehme Wärme die sich im ganzen Körper ausbreitet.
Dank ihrer jahrelangen Forschungsarbeit im letzten Jahrhundert ist es der Großmeisterin Frau Guo Lin gelungen, die Bedeutung der Hände in der energetischen Heilung um einiges zu optimieren. Eine unterschiedliche Haltung und Ausrichtung der Hände hat eine differenzierte energetische Wirkung auf den Menschen. Und mit dieser Erkenntnis war Frau Guo Lin in der Lage mit einer differenzierten Methodik bei den unterschiedlichsten Erkrankungen ein individuelles Übungsprogramm für ihre Patienten zu erstellen. Gesunde Menschen üben im Guo Lin Qi Gong normalerweise mit einer „aufbauenden Handhaltung“, d.h. die Hände stehen senkrecht und mit der äußeren Handkante zum Boden gerichtet. Wir nennen dies auch die „Tigermaul – Haltung“. Menschen mit einer Krebserkrankung sollen zuerst eine lange Zeit mit einer „ableitenden Handhaltung“ üben, d.h. bei dieser Form bleiben die Handinnenflächen immer zum Boden gerichtet. Frau Guo Lin hat gesagt das Krebspatienten zuerst das negative Qi ausleiten sollen und in der TCM gehören die Krebserkrankungen zu den sogenannten Fülle-Krankheiten. Bei chronischen Erschöpfungssyndromen dagegen arbeiten wir eher mit einer „steigenden Handhaltung“. Hier zeigen die Handinnenflächen während des Übens immer nach oben in Richtung Himmel. Bei dieser Form der Haltung geht es sowohl aus Sicht der Energetik als auch auf unsere Vorstellungskraft bezogen, eindeutig um die Aufnahme von Qi, um unseren Körper wieder zu stärken. Eine ganz besondere Haltung der Hände gibt es bei starkem Bluthochdruck. Die Hände zeigen beim Üben mit den Fingerspitzen senkrecht nach unten. Symbolisch könnte hier die Bedeutung sein, den hohen Druck durch die Fingerspitzen nach unten in die Erde abzuleiten. Je nach gesundheitlicher Situation und Art der Chronischen Erkrankungen haben wir als weitere Form noch eine „regulierende Handhaltung“ zur Verfügung. Bei dieser Haltung zeigen die Handinnenflächen immer abwechselnd, die eine zum Boden und die andere in Richtung unteres Dantian. Diese Form der Handhaltung ist im Grunde genommen eine Kombination oder vielmehr ein Zusammenspiel von ableiten und aufbauen.
Wir müssen die gesundheitliche Situation der Übenden genau kennen und beobachten. Die „ableitende Handhaltung“ z.B. ist sehr stark und Menschen mit einer Krebserkrankung sind direkt nach einer Behandlung oftmals körperlich geschwächt. Hier können wir die Handhaltung für ein paar Tage verändern indem wir die aufbauende oder sogar steigende Form verwenden. Die unterschiedliche energetische Wirkrichtung der verschiedenen Handhaltungen in Kombination mit den Übungsmethoden im Guo Lin Qi Gong, erlauben eine differenzierte Herangehensweise bei unterschiedlichen Erkrankungen und schaffen eine therapeutische und komplementäre Ergänzung in der Therapie.
Der Mensch kann einiges dafür tun um wieder in das Gleichgewicht zu kommen. Nehmen wir unsere Gesundheit in die eigenen Hände.